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Perle 4 von 10: Malta - Destiny, „All Of My Love“

Als ich mal vor vielen Jahren nach Malta flog, hatte ich ernsthafte Zweifel, dass der Kapitän diesen winzigen Pups im Mittelmeer zwischen Italien und Nordafrika überhaupt finden würde. Tat er aber. Malta ist ebenso winzig wie dicht besiedelt, hat tolle Felsen- und Sandstrände, pulsierendes Strandleben, eine prunkvolle Hauptstadt und korrupte Politiker – man gehört zur EU, aber so richtig gut funktioniert die Demokratie nicht.

Da lenkt sich der Malteser gerne mit den schönen Dingen ab und folgerichtig ist das maltesische Volk ESC-besessen, die größte Fernsehshow der Welt ist dort äußert populär und die Vorentscheidungen dort erreichen Einschaltquoten um die 90 Prozent. Man kann sie heutzutage auch im Internet als Stream verfolgen und wer das tut, braucht viel Sitzfleisch, denn es gibt unzählige Werbeblöcke und die Spots – manchmal auch nur Standbilder – erinnern an lokale Kinowerbung in den Neunzigern. Das wäre ja noch ganz putzig, würden sich die immer gleichen Werbeeinspieler nicht minütlich wiederholen. Das alles aber kann einen echten Malteser (m/w/d) nicht erschüttern und so macht man wacker seit 1971 beim ESC mit, wenn auch mit einer großen Pause zwischen 1975 und 1991. Zwei Mal erreichte man mit Chiara den zweiten Platz, so dass davon auszugehen ist, das später mal der Flughafen nach ihr benannt werden wird. In den letzten Jahren aber fiel es der kleinen Inselrepublik schwer, sich für das Grand Final zu qualifizieren und gewonnen hat man noch nie. Aber eigentlich doch.

Tatsächlich hat Malta eine waschechte ESC-Gewinnerin! Denn es gibt den Junior Eurovision Song Contest, der in vielen Ländern sehr beliebt ist, den aber in Deutschland mangels Teilnahme und Ausstrahlung kaum jemand kennt. Dabei steht die Show der der Großen kaum nach und auch die musikalische Qualität ist gar nicht übel, auch wenn es natürlich kind- und jugendgerechte Beiträge sind. 2015 fand der Junior ESC in Bulgarien statt und dort gewann für Malta die damals 13-jährige Destiny Chukunyere. Wie es für einen Teenagern nicht peinlich sein muss, war ihre Performance zwar etwas linkisch, aber ihre Stimme peitschte das Mittelmeer auf und es gilt heute als meteorologisch gesichert, dass Destiny für einige Hochwasser verantwortlich war. Wenn man dann noch weiß, dass dieses junge Mädchen diese Motown-Nummer selbst geschrieben und getextet hatte, muss man ihr tiefen Respekt zollen: https://youtu.be/85Sxw9asfX0

 

Inzwischen 17 Jahre alt, gewann sie die maltesische Ausgabe von „X-Factor“, die als maltesischer Vorentscheid für den ESC fungierte, nahm aber auch in Groß Britannien bei „Britains got talent“ teil. Nach vielen Stunden Sendezeit, nach sehr vielen Werbeeinblendungen für maltesische Restaurants, Reisebüros, Banken, Modegeschäfte und anderen aufregende Branchen stand fest: Destiny ist wieder da, immer noch stimmstark und nun sollte sie beim großen ESC das kleine Land vertreten! Ihr Lied stammt maßgeblich aus der bulgarisch-österreichischen Songschmiede „Symphonix“, die bereits einige ESC-Kracher nahe an den Sieg brachten und in diesem Jahr u.A. für den bereits behandelten bulgarischen Beitrag verantwortlich ist, mitgeschrieben haben aber auch zwei Schweden. Und obwohl im Video zu „All Of My Love“ vorbildlich Mund-Nasen-Schutz getragen wird, reichte dies nicht, die Corona-bedingte Absage des ESC 2020 doch noch zu verhindern. Destiny sing von einer neuen Liebe, die aus ihr einen neuen Menschen gemacht hat und der sie deswegen ihre ganze Liebe zurück gibt. Okay, das ist nun keine Nummer, die im Feuilleton der F.A.Z. Lob erhalten wird oder über die im Musikunterricht des Jahres 2097 gelangweilte Schüler ein Referat schreiben werden. Aber sie macht Spaß und ich biete bei dem Lied all' mein tänzerisches Können auf, wippe also mit dem Fuß mit.

 

Für Malta: Destiny mit „All Of My Love“!

Maltas Fernsehstation TVM hat noch keine Informationen geliefert, ob Destiny im kommenden Jahr mit einem anderen Lied wieder antreten darf oder ob TVM 2021 einen neuen Act suchen wird.